Teurer Redispatch

Wer die App StromGedacht schon benutzt, der hat hin und wieder die Aufforderung erhalten, seinen Stromverbrauch zu reduzieren.

Ein hohes Windaufkommen im Norden führte dazu, dass TransnetBW große Strommengen aus konventionellen Kraftwerken und aus dem Ausland abrufen musste. Diesen Satz musste ich zweimal lesen. Das war mir nicht plausibel.

Die Erklärung ist jedoch recht einfach: Bei großem Angebot erneuerbarer Energien sinken an der Strombörse die Erzeugungspreise. Das führt dazu, dass konventionelle Kraftwerke (auch solche in Baden-Württemberg) zu solch niedrigen Preisen keine Leistungen mehr auf dem Strommarkt anbieten. Zudem steigt der Stromverbrauch auch im Süden, weil wegen des niedrigen Strompreises auch Pumpspeicherkraftwerke anspringen. Jedoch reichen die Transportkapazitäten des Übertragungsnetzes nicht aus, das große Stromangebot aus dem Norden in den Süden zu transportieren. TransnetBW muss daher Strom aus konventionellen Kraftwerken, aus Reservekraftwerken oder aus dem Ausland zu relativ hohen Kosten einkaufen und zu den niedrigen Strombörse-Preisen liefern. Dies ist nicht nur unwirtschaftlich (was letztlich die Kunden und der Steuerzahler bezahlen müssen), es ist auch klimaschädlich, denn oft werden dazu ältere fossile Kraftwerke eingesetzt.

Dieses Problem könnte gelöst werden, indem die Übertragungsnetze aus dem Norden ausgebaut würden. Möglich und schneller realisierbar wäre es ferner, Deutschland in mehrere Strompreis-Zonen zu teilen; dann wäre der Strom bei einem hohen Windaufkommen im Norden dort billiger und im Süden teurer, so dass die konventionellen Kraftwerke im Süden ihre Stromlieferung nicht drosseln würden. Außerdem wäre der noch teurere Strombezug aus Reservekraftwerken und aus dem Ausland dann nicht mehr notwendig. Von der Aufteilung in Strompreis-Zonen würde der Norden durch niedrigere Preise profitieren und hätte damit einen Standortvorteil. Im Süden würde durch höhere Marktpreise der Anreiz für den Ausbau erneuerbarer Energien steigen. Wenn dadurch im Süden mehr Windenergieanlagen gebaut würden, dann wäre der Strom bei hohem Windaufkommen auch im Süden relativ billig.

Volkmar Webersinke-Matejka