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Faktencheck zum Weiterbetrieb von Atomkraftwerken
Geschrieben von KlimaBündnis Weinstadt e.V. Geschrieben am .
Auf verschiedenen Kanälen posaunen derzeit Politiker die Forderung in die Welt, die am 15. April abgeschalteten letzten drei deutschen AKW weiterlaufen zu lassen oder sie im Reservebetrieb zu halten.
Leider hört man dazu in den Medien fast nie kritische Stimmen oder Fakten, die belegen, dass ein Weiterbetrieb kurzfristig nicht möglich ist und auch energiepolitisch nicht sinnvoll wäre.
Zu den Fakten:
Die jetzt installierten Brennstäbe sind ausgebrannt und es müssten neue bestellt werden. Dies würde ca. 1 bis 1,5 Jahre dauern. Die meisten Brennstäbe stammen aus Russland oder Kasachstan. Eine Neubestellung wäre zudem nur rentabel, wenn die Brennstäbe bis zu ihrem Aufbrauch genutzt werden, also über 3 bis 4 Jahre. AKW sind damit keine kurzfristig verfügbare Alternative!
Beim derzeitigen Strommix beträgt der Anteil der Atomenergie lediglich noch 5 bis 6 %. Ein zügiger Ausbau der erneuerbaren Energien wäre mittel- und langfristig wesentlich sinnvoller. AKW sind nur im Dauerbetrieb wirtschaftlich und lassen sich auch nicht beliebig hoch und runter regulieren. Für einen solchen Wechselbetrieb sind Gaskraftwerke geeignet, die einspringen, wenn zu wenig Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird.
Nach deutschem und europäischem Recht müssen AKW alle 10 Jahre einer periodischen Sicherheitsüberprüfung (PSÜ) unterzogen werden. Die letzte wäre 2019 fällig gewesen und wurde wegen dem nahenden Abschalttermin ausgesetzt. Die PSÜ ist langwierig und aufwändig, dauert ca. 1 Jahr und geht wesentlich über die regelmäßigen stattfindenden Kontrollen hinaus. Anlässlich solcher PSÜ bei französischen AKW wurden massive Korrosionsschäden entdeckt, ein Grund dafür, warum in Frankreich nur gut die Hälfte der vorhandenen AKW laufen. Mit umfangreichen und kostspieligen Reparaturen nach solchen PSÜ wäre auch bei uns zu rechnen.
In einem breiten gesellschaftlichen Konsens wurde in Deutschland der Atomausstieg wegen schwer kalkulierbarer Risiken beschlossen. Die drei jetzt abgeschalteten AKW sind alle über 30 Jahre alt. Deren Sicherheitsrisiken sind dadurch höher. Daran ändert auch der Ukraine-Krieg nichts!
Auch durch ständiges Wiederholen wird die Mär vom billigen Atomstrom nicht richtiger. Allenfalls könnte dies für den laufenden Betrieb eines intakten, sicherheitsüberprüften und technisch auf dem neuesten Stand befindlichen AKW zutreffen. Diese Situation haben wir nicht. Die immens hohen und nicht seriös kalkulierbaren Kosten für Rückbau und Entsorgung der AKW und die Endlagerung des Atommülls werden zudem regelmäßig ignoriert bzw. den Steuerzahlern aufgelastet.
Es wäre deshalb höchst wünschenswert, wenn in den Medien auch kritische Positionen zu Wort kommen würden und man nicht von Fakten losgelösten Forderungen nach einem Weiterbetrieb der AKW das Feld überlassen würde.